Art Basel – Zurich Art Weekend 2023
So viel Kunst gibt es selten aufs Mal: Innerhalb einer Woche im Juni drängt sich die internationale Kunstszene in Basel – und in Zürich! Auf unserem persönlichen Streifzug finden wir heraus, wie viel Kunst die beiden Anlässe tatsächlich zu bieten haben.
Gehen wir chronologisch vor: Vom 9. bis 11. Juni war Zurich Art Weekend. 2018 gegründet, wurde der stadtweite Kunstanlass zum 6. Mal durchgeführt. Über 73 Institutionen der Zürcher Kunstszene waren daran beteiligt: Museen, Galerien, Off-Spaces, Sammlungen und Verleger.
Um ein wenig vorzugreifen: Ein paar Tage später begann die Art Basel. Internationales Kunstpublikum – da schon mal in der kleinen Schweiz – wird die Gelegenheit nutzen und sich das Zurich Art Weekend nicht entgehen lassen. Umso mehr, da sich hier Kunst besonders einfach mit Ausgang verbinden lässt. Auf dem Programm des Zurich Art Weekend stehen nämlich auch mehrere Kunstrundgänge, auf denen man ganz nebenbei die Stadt erkunden kann. Zu Fuss natürlich. Für High Heels gibt es dennoch genug prominente Auftrittsmöglichkeiten. Vernissagen, Performances, Diskussionsrunden und Führungen sorgen für eine ordentliche Portion Sehen und Gesehenwerden, die der Art Basel in nichts nachsteht.
Lockere Stimmung rund ums Kunsthaus Zürich
Im Galerienvertel an der Rämistasse herrscht Goldgräberstimmung. Alle paar Monate kommt eine neue Galerie dazu. Der Kunsthaus-Neubau von David Chipperfield zieht wie ein Magnet Besuchende aus der ganzen Welt an. So trafen wir spontan auf zwei Kunsthändlerinnen aus Shanghai und London, mit denen wir ins Gespräch kamen.
Der zweite Hotspot war das Löwenbrau-Areal. Hier geht es nach Jahren der Trübsal wieder aufwärts. Es gab eine Zeit, als nicht mehr viel Kunstvolk an den Vernissagen anzutreffen war. Diese Zeit ist zum Glück vorbei.
Man fühlt sich ein wenig an die Tradition der Saison-Eröffnung nach den Sommerferien erinnert, die jedes Jahr die ganze Zürcher Kunstszene in Bewegung versetzte. Der Galerienrundgang war ein einziges Fest, das in einem gemeinsamen Essen auf dem Kanzlei-Areal gipfelte. Irgendwann, als der Anlass schon längst verwässert war, kam das Löwenbräu dazu, aber nach dem luxuriösen Umbau war das Interesse mager. Ganz anders dieses Jahr am Zurich Art Weekend.
Viel Bewegung in Zürich West
Das Highlight der Eröffnung im Löwenbrau-Areal war die Ausstellung in der Kunsthalle FOR REAL des britisch-tamilischen Künstlers Christopher Kulendran Thomas. Die grosse Videoinstallion im 2. Stock entwickelte einen hypnotischen Sog.
Ebenfalls sehr aufschlussreich die Ausstellung Close Watch der Künstlerin Pilvi Takala im Migros Museum für Gegenwartskunst. Die Künstlerin beschäftigt sich auf erlebbare Art mit Sicherheits- und Überwachungsfragen in der Gesellschaft.
Zwar sind einige altgediente Galerien aus dem Löwenbräu verschwunden, dafür sind interessante neue Positionen dazu gekommen wie We Are Awareness In Art . Auch ein Gewinn: Die Edition VFO ist nun vor Ort anzutreffen. Wir dürfen gespannt sein, wie es weitergeht, da ab 2024 einige Änderungen, unter anderem Umbauten, im Löwenbräu-Areal anstehen. Manche Galerien sowie die Edition Patrick Frey verlassen den Ort, dafür zieht ab Frühjahr 2025 nach und nach das Haus Konstruktiv ein.
Laute Stimmen und leise Töne
So inspirierend dieses Art Weekend war, so enttäuschend die Art Basel. Die Unlimited war vor allem eines: laut. Aber gross allein reicht nun mal nicht. Wo sind die Kunstschaffenden, die sich noch wirklich bemühen, Inhalte zu erarbeiten? Eine haben wir gefunden: eine ruhige, kraftvolle fotografische Arbeit von Roni Horn. Es gab auch wirklich genügend Platz, um sie anzuschauen – die Masse ist kein Massstab für Kunst.
Kein Aufsteller waren auch die Galerien in der Haupthalle. Zwar gab es durchaus einige junge Positionen zu entdecken und nicht mehr nur die Altherrenliga. Doch wenn die Werke gefällig oder gar dekorativ sind, ist das nicht gerade der Inbegriff von jung. Kraft und Inhalt in eine Arbeit zu bringen, erfordert … ja, was genau? So manche Kunstschaffende, die wir persönlich kennen, wüssten diese Frage besser zu beantworten als diejenigen auf der ganz grossen Bühne. Da das Kapital jedoch schon längst alles aufgesogen hat, steht der schnelle kommerzielle Erfolg im Vordergrund. Kommerzieller Erfolg an einer Messe ist zwar gewollt, allerdings hat sich die Art Basel noch vor wenigen Jahren in einem sehr viel stärkeren Zustand gezeigt.
Lebenskunst: ein sicherer Wert
Zum Glück hat Basel sonst noch einiges zu bieten: Wir haben in einem dieser Hotels übernachtet, die von aussen bescheiden wirken, im Innern aber mit einem wunderbaren Hof überraschen, wo man sich von Schein und Sein der Kunstwelt erholen kann. Während zwischen den Häusern ein Brunnen plätschert, vergisst man die laute Stimme des schnellen Erfolgs. Und bei einem Spaziergang am Rhein kommen wir vollends in der Realität einer warmen Sommernacht an. Hier hat die Masse recht: Das ist ein klassischer und unvergänglicher Genuss.